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Digitalisierung bei der Bahn

Wir investieren über unsere Beteiligungsgesellschaft in die ­digitale Mobilität von morgen. Daneben gibt es mit DB-Mindbox in Berlin ein Förderprogramm für Startups, die uns Ideen, zum ­Beispiel zur Verbesserung der Bahnhofsqualität, anbieten. Eines davon ist Holoplot. Die Gründer setzen die Wellenfeldsynthese ein, damit eine Lautsprecherdurchsage zielgerichtet nur an einem bestimmten Gleis zu hören ist. Am Frankfurter Hauptbahnhof gab es einen größeren Praxistest.

t3n: Diese ganzen neuen Technologien zu fördern, kostet Geld. Es ist oft die Rede davon, dass die Bahn in der Vergangenheit kaputtgespart wurde, jetzt pumpt der Staat über das Klimapaket zusätzliche Milliarden in das Unternehmen. Läuft es darauf raus, dass letztlich nur Löcher gestopft werden?

Das Geld fließt klar in die physische Infrastruktur, etwa in den Bau von Brücken und Trassen. Von diesen Milliarden geht kein Cent in Startups oder IT-Infrastruktur wie Data Lakes, also zentral­organisierte Speicher für die Verarbeitung von Big Data. Wir müssen uns wie jede Organisation überlegen, wie wir ­Innovationen möglichst effizient vorantreiben. Die Investition in ­Startups ist eine Möglichkeit. An anderen Stellen müssen wir eher um­denken. Wenn ich aus 2.500 verschiedenen Datenbanken eigentlich einen Data Lake machen will, habe ich es vor allem mit einem Change-Thema zu tun. Dafür brauche ich im Zweifel weder mehr Mitarbeiter noch mehr finanzielle Mittel, sondern ich muss es schaffen, dass die Mitarbeiter umdenken und ihre Daten­banken mittelfristig stärker fusionieren. Da brauche ich den ­einen oder anderen Euro, aber keine Milliardensummen.

t3n: Wir stehen jetzt am Anfang eines neuen Jahrzehnts, wie stellen Sie sich Bahnfahren in zehn Jahren vor?

Ich erwarte eine Mobilität, die plattformgesteuert ist, und dass die Frage, ob ich zum Beispiel den Bus oder Zug nehme, nicht im Vordergrund steht, sondern: Wie komme ich von A nach B? Ich kaufe mir nicht ständig irgendwelche Tickets. Ich zahle am Ende des Monats, was ich verbraucht habe. Wie beim Strom. WLAN und 5G werden genauso selbstverständlich sein wie der Wasseranschluss. Wir werden die Züge anders nutzen, nämlich als verlängertes Wohnzimmer oder Büro. In unserem Ideenzug, dem Regionalzug von morgen, haben wir solche Konzepte wie schallisolierte Räume für Konferenzen und auch Fitnessräume erstmals angedacht.

„Ich muss nicht in Echtzeit ­wissen, ob die Kaffeemaschine im Bordbistro geht.“

t3n: Das klingt sehr nach personalisierten Angeboten und ­Luxustarif.

Es gäbe ja auch die Möglichkeit, einen Basistarif anzubieten, und wenn ich mich aufs Spinning-Rad setze, dann zahle ich wie beim ­Massagestuhl am Flughafen zwei Euro extra.

t3n: Sie sind in Schweden aufgewachsen und bezeichnen sich selbst als überzeugte Europäerin. Sie setzen sich für ein europaweites Ticketsystem ein, quasi mit dem Single-­Sign-on quer durch Europa reisen. Wie ist da der aktuelle Stand?

Das ist ein sehr wichtiges Thema. Denkbar wäre so etwas Ähnliches, wie ein europäisches „Amazon der Mobilität“ aufzu­bauen. Eine zentrale Plattform, auf der jeder seine Dienste anbietet, vom Bus- oder Bahnunternehmen bis zum chinesischen Fahrrad­vermieter. Bei Mobilität ist das Ganze allerdings komplizierter als im Warenhandel. Alles ist über das Thema Anschluss miteinander gekoppelt, die Bus- mit der Bahnverbindung und so weiter. Hier arbeiten wir mit selbstgegründeten Startups für ver­knüpfte Mobilität wie Mobimeo. Auch im politischen Raum sprechen wir aktuell zudem über das notwendige Identitätsmanagement einer solchen Plattform. Also die Frage, muss jeder Kunde sich dafür ein eigenes Passwort besorgen? Oder reicht dazu der Führerschein oder Personalausweis?

t3n: Das klingt alles hochkomplex. Von welchem Zeithorizont sprechen wir hier?

Der schwierigere Teil ist, die zahlreichen Player unter einen Hut zu bringen – national und europäisch. Technisch könnte man das vermutlich recht schnell umsetzen – zumindest den Prototypen in sechs Monaten. Aber das Zeitfenster schließt sich. Wenn nämlich Google – und die sind kurz davor – eine solche Plattform zur Verfügung stellt, gibt es keine große Motivation mehr.

t3n: Warum?

Weil einfach der Wechselwille bei den Kunden fehlen wird. Den Google-­Account haben sie ja schon.

t3n: Sie verfolgen viele ambitionierte Projekte. Dennoch ­werden viele Menschen da draußen sagen, die können viel erzählen, aber nicht mal meine Platzreservierung anzeigen. Wie sehr trifft Sie das persönlich?

Natürlich ärgert man sich über so pauschale Urteile. Da wird die alte gegen die neue Welt ausgespielt: Erst mal alle Basics fixen, bevor man über die Zukunft nachdenken darf. Ich halte das für völlig falsch. Mal ehrlich, wenn es so einfach wäre, dann hätten wir es doch längst gemacht.

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