Finanzwesen

Warnung vor Insolvenzwelle im Mittelstand: Autozulieferern droht der Kollaps

Umsatzverluste bis zu 180 Milliarden Euro! Der weltweite Mangel an Computerchips belastet die Wirtschaft immer stärker. Auch der deutsche Mittelstand kämpft mit Produktionsausfällen. Gerade die Automobilzulieferer trifft es besonders hart. Experten rechnen mit katastrophalen Folgen.

 
Mitarbeiter im BMW-Werk Leipzig arbeiten in der Montage des i8.
Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
 
 

Der weltweite Mangel an Computerchips belastet die Wirtschaft immer stärker. Auch der deutsche Mittelstand kämpft mit Produktionsausfällen. Gerade die Automobilzulieferer trifft es besonders hart. Experten rechnen mit katastrophalen Folgen.

Im Jahr 2021 dürften infolge des Chipmangels rund elf Millionen Pkw nicht produziert werden, wie das „Handelsblatt“ unter Berufung auf eine Studie der Boston Consulting Group (BCG) berichtet. Andere Experten erwarten deshalb Umsatzverluste von 180 Milliarden Euro. Tritt dieses Szenario ein, sinken die Pkw-Absatzzahlen unter die Werte des krisengebeutelten Jahres 2020.

Damit trifft die Chipkrise die Automobilzulieferer in einer Phase, in der sie auf steigende Umsätze nach den Corona-bedingten Lockdowns hofften. Darauf wären sie dringend angewiesen, um die Umsatzverluste der Pandemie aufzuholen.

Doch die Hoffnungen drohen zu zerplatzen. Plötzlich steht die Angst vor Pleiten im Raum. Albert Waas von BCG sagte laut dem Bericht: „Mittelständische Zulieferer mit einem Umsatz von unter einer Milliarde Euro sind besonders insolvenzgefährdet.“

Insolvenzwelle: Verband der Zulieferindustrie rechnet mit dem Schlimmsten

Mit seinem Alarmruf steht der Experte nicht allein. Der Verband der Zulieferindustrie rechnet gar mit einer Insolvenzwelle. Dazu muss man wissen: Neben dem Chipmangel treffen die steigenden Rohstoffpreise die Branche hart.

Doch nicht zur die Auto-Zulieferindustrie muss sich auf schwere Zeiten einstellen, wie die folgende Tabelle zeigt.

 

In diesen Branchen geht die Angst um

 

Erste Mittelständler sind pleite

Welche Anbieter trifft die Krise konkret? Die ersten Anbieter warfen bereits das Handtuch. So etwa die Bolta-Werke aus dem fränkischen Diepersdorf: Das Unternehmen stellte Ende September Insolvenzantrag und schickte seine 1000 Mitarbeiter nach Hause. Grund für den Gau seien fehlende Chips und ausbleibende Aufträge der Autohersteller.

Den Zulieferer Heinze aus dem westfälischen Herford ereilte das gleiche Schicksal. Hier hoffen 700 Beschäftigte auf ein wirtschaftliches Wunder und die Rettung ihrer Jobs. Aber dazu müssten die Autohersteller mehr Komponenten bestellen, wonach es derzeit nicht aussieht.

Zulieferer korrigieren Prognosen nach unten

Die Pleite der genannten Firmen ist nur die Spitze des Eisbergs. Andere Zulieferer mussten ihre Umsatz- und Gewinnerwartungen kräftig nach unten korrigieren. So etwa Hella , Fraurecia und der US-Anbieter Aptiv, wie es in dem Bericht heißt.

Auch die ganz Großen sind nicht vor drastischen Einbußen gefeit. Continental ging bisher von Belastungen von 200 Millionen Euro für 2021 aus – durch fehlende Chips und steigende Rohstoffpreise. Doch es mehren sich die Zeichen, dass die Konzernzentrale zu optimistisch gerechnet hat.

Banken sitzen auf ihrem Geld

Eine mögliche Lösung ihrer Finanzprobleme wäre, dass sich die Zulieferer Geld bei ihren Hausbanken beschaffen, um die Durststrecke zu überstehen. Aber das scheint nicht so einfach zu sein. Laut Branchenexperten weisen die Autozulieferer steigende Schulden in ihren Bilanzen aus. Kein guter Zeitpunkt, um die Banken um Kredite zu bitten. Und selbst wenn Geldhäuser ihre Schleusen öffnen sollten – bei höheren Risiken kassieren sie auch höhere Gebühren für ihre Leistungen. Was die gebeutelte Zulieferindustrie noch stärker unter Druck setzt.

Obwohl einige Autobauer jüngst mit hohen Gewinnen überraschen konnten, erwarten Experten kein rasches Ende der Chipkrise. BCG geht davon aus, dass 2022 etwa fünf Millionen Pkw weniger produziert werden. Damit läge der Ausfall immer noch halb so hoch wie im laufenden Jahr. Erst für 2023 hoffen die Fachleute auf eine ausreichende Versorgung mit Chips. Bis dahin dürften noch mehr Zulieferer aufgegeben haben.