Finanzwesen

Insolvenzanfechtung wird reformiert: Was die Gläubiger beachten müssen

Die neue Reform. Ein Interview mit Lutz Paschen (PASCHEN Rechtsanwälte PartGmbB).

Der Bundestag hat dieses Jahr eine neue Reform des Insolvenzanfechtungsrechts beschlossen.
Risikominimierung für die Wirtschaft, unkomplizierte, praktikable Handhabung eines angemessenen Ausgleichs zwischen den Insolvenzgläubigern, Beachtung des Grundsatzes der Gläubigergleichheit – das sind die Stichworte, unter denen die Reform nun verabschiedet wurde.

 

 

Die DEUTSCHE KONGRESS (DK) traf sich hierzu mit RA Lutz Paschen, PASCHEN Rechtsanwälte PartGmbB (LP) zu einem kurzen Interview um Näheres zu erfahren.

 

DK: Die Insolvenzanfechtung wurde Anfang diesen Jahres reformiert. In wiefern ist es wichtig, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen?

LP: Die neuen Regeln stellen einen Meilenstein in dem Bemühen um eine gläubigerfreundlichere Rechtsprechung zum Thema Anfechtung dar. Viele der Neuerungen schaffen mehr Rechtssicherheit, die Anfechtung als Gläubigerrisiko bleibt aber im Grundsatz bestehen. Eine Beschäftigung mit dem Thema ist daher wichtiger denn je. Es gilt hierbei herauszuarbeiten, wie etwa die neu geschaffene Beweislastumkehr bei Zahlungsvereinbarungen optimal genutzt werden kann und wie man Bargeschäfte im insolvenzrechtlichen Sinne ausgestalten muss, um von der insoweit neu geschaffenen Rechtssicherheit sicher profitieren zu können.

DK: Gibt es schon Erkenntnisse, wie die Rechtsprechung mit den neuen Regelungen umgeht?

LP: Das neue Recht findet -die Regelung zu den Zinsen ausgenommen- nur Verfahren Anwendung, die nach Inkrafttreten der Neuregelungen eröffnet wurden. Gerichtliche Entscheidungen auf Basis des neuen Rechts liegen daher noch nicht vor.

Mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) nach Inkrafttreten der Reform weisen aber schon deutlich darauf hin, dass der BGH den Auftrag zu einer gläubigerfreundlicheren Auslegung des Anfechtungsrechts aufgegriffen hat. So findet sich in einer Entscheidung aus dem Juli dieses Jahres die Feststellung, dass allein der Umstand, dass sich der Schuldner einer geringfügigen Forderung gegenüber dem Gerichtsvollzieher zum Abschluss einer Zahlungsvereinbarung bereit erkläre, nicht dazu führe, dass der Gläubiger zwingend darauf habe schließen müssen, dass der Schuldner seine Zahlungen eingestellt habe.

DK: Wie sieht es im Fall von Air Berlin aus? Findet hier das neue Recht schon Anwendung?

LP: Ja, das in Eigenverwaltung geführte, in der ersten Novemberwoche eröffnete Insolvenzverfahren von Air Berlin ist tatsächlich das erste Verfahren, auf das die neuen Regelungen Anwendung finden. Wie der in dem Verfahren für das Thema Anfechtung zuständige Sachwalter Prof. Lucas Flöther mit dem Thema umgehen wird, ist daher besonders interessant. Das Unternehmen hatte ja bereits Jahre vor dem Insolvenzantrag immer wieder für Schlagzeilen wegen finanzieller Schwierigkeiten gesorgt, so dass es uns kaum überraschen würde, wenn es zu Anfechtungen in großem Stile käme.

DK: Mit welchen anderen wichtigen insolvenzrechtlichen Themen sollte ich mich als Gläubiger dringend befassen?

LP: In diesem Jahre steht die Evaluation des ESUG an. Diese im Jahr 2012 vorgenommene umfassende Überarbeitung des Insolvenzrechts hat nicht nur eine Vielzahl neuer Mitwirkungsmöglichkeiten für Gläubiger geschaffen, sondern mit seiner Fokussierung auf die Sanierung auch neue Risiken für diese Gruppe von Betroffenen.

Für besonders wichtig halten wir die professionelle Handhabung von Geschäften mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter, wenn dieser das Unternehmen zunächst fortführen möchte. Bei strenger Beachtung entsprechender Vorsichtsmaßnahmen kann hiermit bei allenfalls minimal erhöhtem Risiko der erlittene Schaden durch weitere Geschäfte reduziert werden. Wird diese Vorsicht außer Acht gelassen, drohen hingegen weitere Ausfälle.

Ebenfalls für die Gläubiger wichtig: wie ist mit Unternehmen umzugehen, die die Eigenverwaltung missbrauchen, um auf Kosten der Gläubiger weiter zu wurschteln.