Finanzwesen

Hohe Energiepreise: Die ersten Opfer der Energiekrise

Der Toilettenpapier-Produzent Hakle hat Insolvenz angemeldet. Es ist nicht das erste Unternehmen, das wegen der hohen Energiekosten die Reißleine zieht. Ein Überblick über die ersten Opfer der Energiekrise.

Bild: WirtschaftsWoche

 

Der Düsseldorfer Toilettenpapierhersteller Hakle ist durch die stark gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten zum Sanierungsfall geworden und hat ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Die „massiv gestiegenen Kosten für Material- und Energiebeschaffung sowie der Transporte“ hätten bislang nicht in hinreichendem Umfang an die Kunden im Lebensmitteleinzelhandel und den Drogeriesektor weitergegeben werden können, klagte das Unternehmen laut „Lebensmittel Zeitung“. Als vorläufiger Sachwalter wurde vom Düsseldorfer Amtsgericht White&Case-Partner Jan-Philipp Hoos bestellt. Er soll nun die Rettungsmission überwachen.

Der Geschäftsbetrieb des mittelständischen Unternehmens soll zunächst in vollem Umfang fortgeführt werden. „Wir sind zuversichtlich, dass diese Neuaufstellung in dieser herausfordernden Lage einer als historisch zu bezeichnenden Energiekrise gelingt“, sagte Geschäftsführer Volker Jung. Es gehe um den Erhalt des Standortes und seiner Arbeitsplätze.

Hakle ist indes nicht das einzige Unternehmen, dass aufgrund der hohen Energiepreise, um seinen Fortbestand kämpfen muss. Zuletzt sind außerdem die Preise an der Leipziger Strombörse explodiert, ein Horror für Verbraucher und Unternehmen.

Ende August hatte bereits die fränkische Bäckereikette Goldjunge mit 26 Filialen und rund 300 Mitarbeitern Insolvenz angemeldet. Sanierungsexperte Volker Böhm von der Kanzlei Schultze & Braun war zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden.

Auch hier war eine Kombination aus gestiegenen Rohstoff- und Energiepreisen ausschlaggebend für die finanzielle Schieflage, teilte die Insolvenzverwaltung mit. „Der Preis für Rohstoffe wie Mehl oder Margarine hat sich in den vergangenen zehn Monaten nahezu verdoppelt“, sagte Goldjunge-Geschäftsführer Robin Schimpf. Hinzu kamen die steigenden Energiepreise. „Derzeit müssen wir für Energie im Monat 100.000 Euro mehr bezahlen als im Herbst 2021“, so Schimpf. „Diese enormen Preissteigerungen konnten wir als Unternehmen nicht mehr kompensieren.“

Ähnlich klingen die Geschäftsführer des Drehteilherstellers Carl Leipold. Der Traditionsbetrieb aus dem baden-württembergischen Wolfach war 1919 als kleiner Handwerksbetrieb gegründet worden und wird inzwischen in vierter Generation in Familienhand geführt. Das Unternehmen produziert Metalldrehteile unter anderem für Bauteile für E-Ladesäulen, E-Bikes oder Züge. Auch Teile für Sensoren in der Industrietechnik sind ein wichtiger Markt für das Unternehmen. „Die Preise für Energie sind um den Faktor zehn gestiegen, und auch das Material und damit die Herstellungskosten sind deutlich teurer geworden“, sagte Unternehmenschef Pascal Schiefer jüngst der Zeitung „Schwarzwälder Bote“. „Das konnte nur teilweise und zeitversetzt an die Kunden weitergegeben werden“, so Schiefer.

All das habe das Unternehmen in eine kritische Situation gebracht. Im Zuge einer Eigenverwaltungsinsolvenz sollen nun Verträge neu verhandelt werden. Der Insolvenzexperte Martin Mucha von der Kanzlei Grub Brugger unterstützt das Unternehmen als Generalbevollmächtigter. Als vorläufiger Sachwalter wurde Thorsten Schleich von der Kanzlei Schleich & Partner bestellt.

 

Probleme für energieintensive Betriebe

Etwas anders ist die Lage beim Unternehmen Seraplant in Sachsen-Anhalt, das auf Basis einer innovativen Technologie Phosphatdüngemittel her. Hier führt seit einigen Tagen der bekannte Insolvenzverwalter Lucas Flöther das Kommando. Zwar waren die hohen Energiekosten dem Vernehmen nach nicht allein die Ursache des Insolvenzantrags, sie erschweren jetzt jedoch den Weiterbetrieb der Düngemittelanlage. Zudem dürfte es angesichts der hohen Energiekosten schwieriger werden, schnell einen Investor für den energieintensiven Betrieb zu finden.

Auch Branchengrößen wie der Düngemittelhersteller SKW Stickstoffwerke Piesteritz aus Wittenberg leiden unter den hohen Gaspreisen und der Gasumlage. Ohne Entlastungen sei SKW gezwungen, spätestens zum 1. Oktober Kurzarbeit anzumelden, teilte das Unternehmen bereits mit.

Was Unternehmen angesichts der steigenden Energiekosten im schlimmsten Fall droht, zeigt der Fall Baden Board. Bei dem mittelständischen Karton- und Verpackungshersteller führten die höheren Kosten und der Absprung eines Investors bereits im vergangenen Jahr zur Insolvenz. Verwalter Marc Schmidt-Thieme musste kurz vor Weihnachten die Ausproduktion einleiten und den Großteil der Belegschaft freistellen.

Inzwischen wird das Unternehmen abgewickelt, die Papiermaschinen wurden nach Asien verkauft.