Für ein besseres Image der vorläufigen Eigenverwaltung
In den letzten Jahren gewinnt das Schutzschirmverfahren an steigender Beliebtheit im Insolvenzrecht. Doch Leuten außerhalb der juristischen Kreise ist die Bedeutung des Begriffs nicht bewusst. In diesem Artikel wird das Schutzschirmverfahren definiert, sowie seine Merkmale, Vorteile und Hürden aufgezeigt.
Niemand möchte jemals ein Insolvenzverfahren durchlaufen müssen. Doch da es vor allem nach der Pandemie einige Unternehmen gibt, die nicht genug Umsatz machen konnten, um die entstandenen Kosten zu decken, mussten diese leider ein solches Verfahren über sich ergehen lassen. Daher kann es nicht schaden, sich präventiv schon einmal vor der nächsten Krise mit dem Thema Insolvenzverfahren auseinanderzusetzen. Im Folgenden soll es um den Zusammenhang zwischen einem Insolvenzverfahren und dem sogenannten Schutzschirmverfahren gehen, da letzteres vor allem in den letzten Jahren an Beliebtheit gewonnen hat. Woher kommt jedoch dieser Aufschwung?
Ein Schutzschirmverfahren bezeichnet zunächst im deutschen Insolvenzrecht ein vorläufiges Verfahren, das sich durch vorläufige Eigenverwaltung mit dem Ziel eines möglichst zeitnahen Insolvenzplans zur Erleichterung der Unternehmenssanierung auszeichnet. Das Verfahren gibt es in Deutschland seit 2012 und ist dem „Chapter 11“-Verfahren aus den USA nachempfunden. Dieses fokussiert sich auf erhöhte Flexibilität und das Aussetzen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Das Schutzschirmverfahren ist jedoch die zweite Option im vorläufigen Insolvenzverfahren neben der vorläufigen Eigenverwaltung. Diese zwei Optionen werden im eröffneten Verfahren beide einheitlich als Eigenverwaltung bezeichnet.
Auch wenn sich das Schutzschirmverfahren kaum von der vorläufigen Eigenverwaltung unterscheidet, besitzt es ein besseres Image, das mit dem freundlicheren Namen einhergeht. Dieses Image ist nicht zu unterschätzen, da ein Schutzschirm weniger nach hoffnungslosem Bankrott klingt als ein Insolvenzverfahren. Vor allem in den Medien wirkt der Schutzschirm beruhigender, sicherer und vernünftiger auf die breite Masse, da die meisten Leute den Unterschied zwischen Schutzschirm und Insolvenz gar nicht kennen. Hier zeigt sich nämlich der wichtigste Punkt: Ein Schutzschirmverfahren ist ein Insolvenzverfahren mit besserem Ruf.
Essentielle Faktoren des Schutzschirmverfahrens
Wird ein Schutzschirmverfahren in Anspruch genommen, sind die Schuldner entweder überschuldet oder drohen in Zahlungsunfähigkeit zu geraten. Anders als bei einer bereits eingetretenen Insolvenz kann ein Schutzschirm also bereits früher aufgespannt werden. Dementsprechend ist das überschuldete Unternehmen bei diesem Vorgehen auch selbst in der Lage, die Insolvenzmasse unter Aufsicht eines Sachwalters statt eines Insolvenzverwalters selbst zu verwalten und über sie für ein bestmögliches Ergebnis zu verfügen.
Zudem ist ein Schutzschirmverfahren mit maximal einem Jahr Länge erheblich kürzer als ein klassisches Insolvenzverfahren, das mehrere Jahre andauern kann. Dieser geringe Zeitraum bietet Vorteile wie die zeitnahe Auszahlung der Insolvenzquote und eine befristete Übernahme der Lohn- und Gehaltszahlungen.
Der für das Schutzschirmverfahren benötigte Sachwalter darf zusätzlich vom Schuldner selbst ausgewählt werden, solange das Insolvenzgericht ihn/sie nicht für offensichtlich ungeeignet hält.
Genau wie bei der vorläufigen Eigenverwaltung bietet das Schutzschirmverfahren die Vorteile der bestehenden Geschäftsleitung, das Beenden von ungünstigen Verträgen mit einer maximal dreimonatigen Frist, das Einstellen von verlustbringenden Aufträgen sowie eine maximale Kündigungsfrist von drei Monaten für die Mitarbeiter:innen. Doch auch für die Löhne und Gehälter ist weiterhin gesorgt, da diese innerhalb des vorläufigen Verfahrens bis zu drei Monate lang von der Agentur für Arbeit übernommen werden können. Außerdem ist das Abschneiden von belastenden Pensionsverpflichtungen möglich und das Durchsetzen von Einzelzwangsvollstreckungen nicht legal zulässig.
Um für ein Schutzschirmverfahren zugelassen zu werden, muss vom Unternehmen dargelegt werden, dass es noch zahlungsfähig ist und nur droht diese Fähigkeit zu verlieren. Dafür ist ein wöchentlicher Status zur Zahlungsfähigkeit zu erstellen, was jedoch zwangsläufig auch mit Zeit- und Geldaufwand verbunden ist. Damit das Verfahren gelingen kann, ist es zudem entscheidend, sich vorher mit den wichtigsten Gläubigern und Stakeholdern, darunter auch die Banken, abzustimmen, da diese Personen Vertrauen in den Sachwalter haben müssen.
Durch diese hohen Eintrittshürden ist das Schutzschirmverfahren zwar nicht für jeden die beste Option, aber eben diese Hürden sind für die hohe Erfolgsquote verantwortlich, die sich ebenfalls positiv auf die Insolvenzquote auswirkt.
Letztlich ist das Schutzschirmverfahren sehr ähnlich zum vorläufigen Regelinsolvenzverfahren, doch kann durch das bessere Image und die mit der Eigenverwaltung einhergehenden Vorteile nicht nur für ein besseres Bild in den Medien, sondern auch für eine erfolgreichere Sanierung des Unternehmens sorgen.
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