Finanzwesen

Diese neun Unternehmen werden den Deutschen fehlen

Insolvenzen seit der Pandemie – Zwar ist die Gesamtzahl der Insolvenzen in Deutschland seit der Corona-Pandemie nicht angestiegen, doch in den vergangenen drei Jahren hat es auffallend viele bekannte Marken und Unternehmen getroffen. Ein Überblick über die wichtigsten Insolvenzen seit 2020.

 

Jetzt ist auch Reno pleite. Der Schuhhändler aus dem niedersächsischen Hameln ist das nächste prominente Opfer unter Deutschlands insolventen Einzelhändlern. Dabei hatte erst vor einem halben Jahr ein neuer Eigentümer die Kette übernommen. Rund 1000 Mitarbeiter müssen jetzt um ihren Job bangen, rund 180 Filialen könnten demnächst aus deutschen Innenstädten verschwinden.

Das ist ein bekanntes Bild der letzten Jahre. Zwar sind die Insolvenzen in Deutschland insgesamt weder durch die Corona- noch durch die Energiekrise auf ein übermäßig hohes Niveau gestiegen, dennoch hat man den Eindruck einer Pleitewelle. Das liegt daran, dass es durch die Schließungen und die durch die Corona-Krise verstärkte Digitalisierung viele Einzelhändler getroffen hat, die wir aus den Fußgängerzonen kennen. Auch die Zahl der Großinsolvenzen von Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 10 Millionen Euro hat zugenommen. Allein im vergangenen Jahr waren es 217. Weil man dabei leicht den Überblick verlieren kann, fassen wir die 12 emotionalsten Insolvenzen der letzten drei Jahre in Deutschland noch einmal zusammen.

1. Galeria Karstadt Kaufhof

Warum ging das Unternehmen pleite? Galeria Karstadt Kaufhof ist das einzige Unternehmen dieser Liste, das in den vergangenen drei Jahren sogar zweimal Insolvenz anmeldete. Die erste Anmeldung erfolgte am 1. April 2020, weil die Einzelhandelskette wegen der durch Corona bedingten Schließung in Liquiditätsprobleme geriet. 40 von 172 Filialen wurden geschlossen, 6000 Mitarbeiter verloren ihren Job. Gläubiger verzichteten auf zwei Milliarden Euro. 2022 gab es die nächste Liquiditätskrise. Diesmal sollten 47 Filialen geschlossen werden und wieder Tausende Mitarbeiter ihren Job verlieren.

Wie ging es weiter? Der aktuelle Insolvenzplan wurde diese Woche von den Gläubigern genehmigt. Die Schließung der 47 Filialen kann damit in diesem Jahr beginnen. Das Unternehmen wird danach noch mit 85 Filialen weiterbestehen, rund 11.000 Mitarbeiter sind noch beschäftigt.


2. Esprit

Warum ging das Unternehmen pleite? Ähnlich wie Galeria Karstadt Kaufhof war auch die Modemarke Esprit schon lange vor Corona in der Krise. Seit 2014 schloss sie kein Geschäftsjahr mehr mit Gewinn ab. Über die Jahre zog sich der Konzern bereits aus Nordamerika, Australien und Neuseeland zurück, Ende März 2020 stellte dann auch die deutsche Zentrale einen Insolvenzantrag.

Wie ging es weiter? 100 Filialen wurde 2020 geschlossen, ein Drittel der Belegschaft entlassen. Doch das Unternehmen existiert weiter, weil sich die chinesische Milliarden-Erbin Karen Lo für 60 Millionen Euro einkaufte. Sie entließ das komplette Management und besetzte die wichtigsten Posten mit Vertrauten aus Hongkong. 2021 und 2022 führte das zu Profiten, wenn auch in geringem Maße. Dieses Jahr dürfte Esprit aber wieder in die Verlustzone abrutschen.

3. Mister Minit

Warum ging das Unternehmen pleite? Der belgische Schuh- und Schlüsseldienst war bis 2020 in so gut wie allen deutschen Städten präsent. Doch das Geschäft lief auch hier schon einige Jahre defizitär, bevor Ende April der Insolvenzantrag gestellt wurde. Eigentlich fand das Unternehmen einen Käufer, doch der trat 2021 überraschend zurück. Weil Mister Minit als Unternehmen in Insolvenz keine staatlichen Hilfsgelder beim nächsten Lockdown abbekommen konnte, mussten alle Filialen geschlossen werden.

Wie ging es weiter? Mittlerweile sind alle Filialen geschlossen und alle Mitarbeiter entlassen. Mister Minit gibt es damit nicht mehr in Deutschland.


4. Vapiano

Warum ging das Unternehmen pleite? Die in Hamburg gegründete Restaurant-Kette Vapiano betrieb seit 2022 ein aggressives Wachstum. Bis 2017 wurden in Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern mehr als 200 Restaurants eröffnet. Das ging so lange gut, wie auch Umsatz und Gewinn stark wuchsen, doch spätestens ab 2016 war das nicht mehr der Fall. Die Schließungen im Zuge der Corona-Krise versetzten der Kette dann den Todesstoß. Anfang April 2020 wurde der Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt.

Wie ging es weiter? Zwei frühere Vapiano-Manager kauften an der Spitze eines Investoren-Konsortiums 30 Restaurants auf, hinzu kommen 18 Franchise-Restaurants, die heute noch existieren und nicht von der Insolvenz betroffen waren. Mit 48 statt wie früher 80 Restaurants existiert Vapiano heute weiter. Ob das Unternehmen mit neuem Konzept heute profitabel arbeitet, ist nicht bekannt.

5. German Property Group

Warum ging das Unternehmen pleite? Die German Property Group lieferte 2020 einen von zwei Wirtschafts-Krimis in Deutschland. Das Immobilienunternehmen soll seine rund 25.000 meist ausländischen Investoren um mehr als drei Milliarden Euro betrogen haben, bevor es Insolvenz anmeldete. Statt in Immobilien investierte der Vorstand in ein Schneeballsystem, das im Juli 2020 in der Pleite endete. Zu diesem Zeitpunkt waren nur noch 200.000 Euro im Unternehmen.

Wie ging es weiter? Die meisten Immobilien der German Property Group wurden seit Beginn des Insolvenzverfahrens zwangsversteigert. Firmengründer Charles Smethurst musste sich bislang ebenso wenig wie seine Mitstreiter wegen des mutmaßlichen Betrugs verantworten.

6. Adler Modemärkte

Warum ging das Unternehmen pleite? Die Adler Modemärkte waren 2021 das erste größere Insolvenzopfer. 178 Filialen betrieb die Modekette, ehe der Lockdown des Winters 2020/2021 ihr den finanziellen Rest gab. Zwar half die Bundesregierung noch einmal mit einem 10-Millionen-Euro-Kredit aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF), doch die Kette war nicht mehr zu retten.

Wie ging es weiter? Die Insolvenz endete für die Adler Modemärkte glimpflich. Der Mischkonzern Zeitfracht übernahm die Kette im August 2021. Allerdings mussten dabei 40 Filialen geschlossen werden, 500 Mitarbeiter verloren ihren Job und Gläubiger ihre Ansprüche. Die Sanierung ist mittlerweile abgeschlossen, das vergangene Jahr wurde mit 4 Millionen Euro Gewinn beendet.

7. Ludwig Görtz

Warum ging das Unternehmen pleite? Die Schuh-Kette Ludwig Görtz meldete im September 2022 Insolvenz an. Während die meisten deutschen Schuhhändler steigende Umsätze verbuchten, gingen die Einnahmen von Ludwig Görtz schon seit 2011 immer weiter zurück. Zwar war das Unternehmen meist noch profitabel, brauchte aber in der Corona-Krise schon Staatshilfen und brach dann mit der durch den Ukraine-Krieg anspringenden Inflation in sich zusammen.

Wie ging es weiter? Im Februar wurde bekannt, dass Ludwig Görtz an einen noch anonymen Hamburger Privatinvestor verkauft werden soll, der die rund 80 verbliebenen von einst 160 Filialen in Deutschland weiterführen will.

8. Basic

Warum ging das Unternehmen pleite? Auch die Biomarkt-Kette Basic war schon lange vor der Insolvenz in der Krise. Eine erste Pleite wurde 2008 knapp abgewendet, 2018 musste der Online-Shop wegen Erfolglosigkeit schließen, 2021 zog sich Basic bereits aus Nord- und Westdeutschland zurück. Auch das half nichts. Basic wurde nach eigenen Angaben wie Ludwig Görtz ein Opfer des veränderten Konsumverhaltens durch die hohe Inflation und steigende Energiepreise im vergangenen Jahr. Weil viele Kunden nicht mehr teure Bio-Produkte kaufen wollten, gingen die Einnahmen zurück. Im Dezember musste Basic Insolvenz anmelden.

Wie ging es weiter? Die 20 noch bestehenden Basic-Filialen bleiben während der Insolvenz geöffnet, die Gehälter der 520 Angestellten sind zumindest bis Ende März gesichert. Im Februar wurde bekannt, dass Basic die Konsolidierung allein nicht schaffen wird. Das Unternehmen sucht jetzt nach einem Käufer.

9. Flughafen Frankfurt-Hahn

Warum ging das Unternehmen pleite? Frankfurt-Hahn ist einer von Deutschlands größten Frachtflughäfen und wird auch von der irischen Billig-Airline Ryanair für Passagierflüge genutzt. Der Betrieb des Flughafens war schon zehn Jahre vor der Insolvenz 2021 defizitär. Ende 2013 verhinderte die Landesregierung von Rheinland-Pfalz mit einer Geldspritze noch knapp die Pleite. Mehrere Verkaufsversuche scheiterten in der Folge, die Schulden wuchsen immer mehr an. Nachdem Ryanair sich 2020 vom Flughafen zurückzog, blieb die Insolvenz im Oktober 2021 der einzige Ausweg.

Wie ging es weiter? Bis heute hat sich kein Käufer für den Regionalflughafen gefunden. Diese Woche stimmten die Gläubiger für einen neuen, anonymen Bieter, doch ob es diesmal klappt, ist unklar. Derweil hat die Staatsanwaltschaft mehrere Mitarbeiter der Betreibergesellschaft in den vergangenen beiden Jahren angeklagt. Sie sollen die Insolvenz verschleppt und Subventionen unterschlagen haben.



 

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