Zahl der Firmenpleiten auf höchstem Stand seit 2016
Die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland hat deutlich zugenommen. Im vergangenen Monat gab es so viele Insolvenzen wie seit sieben Jahren nicht mehr. Davon betroffen sind Tausende Beschäftigte.
Inmitten der Konjunkturflaute ist die Zahl der Unternehmenspleiten in Deutschland einer Studie zufolge auf den höchsten Stand seit sieben Jahren gestiegen. Insgesamt 1050 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften seien im Juni registriert worden, teilte das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) heute zu seiner Untersuchung mit.
Das seien 16 Prozent mehr als im Mai diesen Jahres und 48 Prozent mehr als im Juni 2022. Damit sei der höchste Wert seit Juni 2016 gemessen worden. Die deutsche Wirtschaft steckt derzeit in einer Rezession und wird nach Prognose der meisten Forschungsinstitute im Gesamtjahr 2023 schrumpfen.
Seit Jahresbeginn 64.000 Jobs betroffen
Auch die Zahl der betroffenen Arbeitsplätze war im Juni hoch: In den zehn Prozent der größten Unternehmen, die Insolvenz anmeldeten, waren demnach rund 15.400 Arbeitsplätze betroffen. Das sei der höchste Wert seit August 2020, so die Forscher aus Halle.
Im ersten Halbjahr waren insgesamt 64.000 Beschäftigte in großen Unternehmen von Insolvenzen betroffen – ein Drittel mehr als im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019
Bald wieder sinkende Pleite-Zahlen?
Trotz dieser drastischen Zahlen gibt das IWH leichte Entwarnung. Ein Teil des Anstiegs der Insolvenzen im Juni sei auf die vielen Werktage in diesem Monat zurückzuführen, wodurch mehr Meldungen bei den zuständigen Gerichten möglich waren als beispielsweise im Mai, der von Feiertagen geprägt war.
„Die Frühindikatoren des IWH lassen für die kommenden Monate wieder einen leichten Rückgang der Insolvenzzahlen erwarten“, sagte Steffen Müller, der am IWH die Abteilung Strukturwandel und Produktivität sowie die dort angesiedelte Insolvenzforschung leitet.
Trendwende war erwartet worden
Ungeachtet der Corona- und Energiekrise hatte die Zahl der Firmenpleiten in den vergangenen Jahren noch auf einem historisch niedrigen Niveau gelegen. Der Grund waren staatliche Hilfen: etwa die teilweise Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, die Ausweitung des Kurzarbeitergeldes, finanzielle Unterstützung von Unternehmen und ein Vollstreckungsstopp der Finanzbehörden und Krankenkassen.
Wegen der geringen Zahlen von 2020 bis 2022 hatten Experten einen aufgeschobenen Anstieg im laufenden Jahr erwartet. Höhere Produktionskosten, steigende Personalausgaben und ein deutlicher Zinsanstieg verschlechtern zudem die finanzielle Lage vieler Unternehmen.
Das IWH wertet für seine Analysen die aktuellen Insolvenz-Bekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus. Diese werden mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen verknüpft. Dadurch könnten Erkenntnisse zu den Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften schneller als durch die amtliche Statistik bereitgestellt werden, so das Institut.