Finanzwesen

Peek & Cloppenburg sucht Rettung in Schutzschirmverfahren

Die Folgen der Coronakrise belasten Peek & Cloppenburg stark. Nun will das Unternehmen die Strategie ändern. Auffällig ist, dass ein Name in der Mitteilung des Modehändlers fehlt.

Vorzeige-Filiale von P&C in Düsseldorf. Der Modehändler will sich in einem Schutzschirmverfahren sanieren. (Foto: Getty Images)

 

Der in der Coronakrise unter Druck geratene Düsseldorfer Modehändler Peek & Cloppenburg KG hat beim Amtsgericht Düsseldorf ein Schutzschirmverfahren beantragt. Das teilte das Unternehmen am Freitag mit.
Alle 67 Verkaufshäuser sowie der Onlineshop blieben aber ohne Einschränkung geöffnet, hieß es weiter. Das Verfahren sei nötig, um sich an die „veränderten Marktbedingungen in Deutschland anzupassen“.
In den Jahren 2020 und 2021 habe die Coronakrise zu einem massiven Umsatzeinbruch geführt, der die Liquidität des Unternehmens sehr belastet habe. „Die Auswirkungen haben uns stark getroffen und einen dreistelligen Millionenverlust verursacht“, sagte ein Unternehmensvertreter. Nun leide der Modehändler auch unter dem mauen Konsumverhalten der Verbraucher infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine.

In einem Schutzschirmverfahren bleibt das Management voll handlungsfähig, ihm wird ein Sachwalter an die Seite gestellt. Als dieser sei der Jurist Horst Piepenburg vom Amtsgericht Düsseldorf eingesetzt worden. Sanierungsexperte Dirk Andres von der Kanzlei Andres Partner unterstütze die Geschäftsführung bei der Restrukturierung.

 

P&C will Fokus wieder auf stationären Handel legen

Auffällig ist, dass Vorstandschef Edgar Hert in der Mitteilung nicht erwähnt wird. Er hatte eine große Digitaloffensive angestoßen. Dazu wollte sich das Unternehmen nicht äußern. In der Mitteilung heißt es aber, die Onlinestrategie müsse „überdacht und an die gegebenen Umstände angepasst werden“. Auf seinem LinkedIn-Profil hat Hert eingetragen, dass er bis März 2023 bei Peek & Cloppenburg sei. Er war 2018 von Daimler zum Modehändler gekommen.

Zitiert wird in der Unternehmensmitteilung darüber hinaus Thomas Freude, seit Jahresbeginn Geschäftsführer bei P&C, damit, dass man zwar an der Multichannel-Strategie festhalte, der Fokus jetzt aber klar auf dem „Kerngeschäft im stationären Einzelhandel“ liege. Im Onlinehandel werde man zurückhaltender agieren als in den Jahren zuvor.

Freude ist Gründer einer Beratung, die auch Interimsmanagement und Restrukturierungen anbietet. Er hat langjährige Branchenerfahrung unter anderem bei Otto und zuletzt als Chef bei Adler Modemärkten gesammelt. Er war aber auch zehn Jahre ab 2007 im Management-Board der Telekom.

Offenbar wolle Eigentümer Patrick Cloppenburg das Schutzschirmverfahren nutzen, um das Unternehmen neu aufzustellen und sich auch von teuren Mitarbeitenden zu trennen, hieß es in unternehmensnahen Kreisen. Bislang sei aber ein neues Konzept noch nicht erkennbar, ist aus der Belegschaft zu hören. Kritik gebe es zudem an der Kommunikation des Restrukturierungsprozesses.

 

Voraussichtlich keine betriebsbedingten Kündigungen

Die Mitarbeitenden wurden ebenso wie einige Lieferanten bereits vorab informiert. Geschäftsführer Freude sagte der „Wirtschaftswoche“, das Unternehmen mit rund 6800 Mitarbeitern werde bei seinen Stores voraussichtlich ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommen.

Er rechne mit einem baldigen Abschluss des Schutzschirmverfahrens: „Wir gehen davon aus, dass wir das Verfahren spätestens Ende des Jahres über einen Insolvenzplan abschließen können.“ Darin werde dann geregelt, welche Gläubiger zu welchen Zugeständnissen bereit sind, damit es für das Unternehmen weitergehen kann. Auch die Eigentümerfamilie habe „bereits grundsätzlich Unterstützung signalisiert“.

Ein Insider berichtet, dass das Schutzschirmverfahren von Peek & Cloppenburg ein schwerer Schlag für die Lieferanten sei. Einige seien bereits am Donnerstag informiert worden.

Die Branche reagiert auf den Antrag von Peek & Cloppenburg mit Sorge. Nach Galeria ist der nächste große Abnehmer von Modemarken auf dem Weg in eine Insolvenz in Eigenverwaltung. Doch während die Häuser der Kaufhauskette in den Innenstädten oft weniger als Schmuckstück wahrgenommen wurden, genießen die P&C-Filialen einen höheren Stellenwert in den Citys.

„Der Antrag von Peek und Cloppenburg ist eine Zäsur für die Branche“ sagt Daniel Terberger, Chef des Modedienstleisters Katag. Er belege, dass die Nachwirkungen der Pandemie, gepaart mit der Kaufzurückhaltung aufgrund von Krieg und Inflation noch lange nicht abgeklungen seien. Er sieht es als einen „Verlust für die Branche, dass ein so traditionsreiches Unternehmen, sich zu dem Schritt offenbar gezwungen sah“.
Terberger fürchtet wie andere Branchenexperten auch einen möglichen Dominoeffekt für die Bekleidungsmarken. „Sie verlieren jetzt erst einmal Geld, schlimmer aber noch ist die fehlende Vertriebsperspektive für die Zukunft.“

Die Insolvenz von P&C sei auch das Ergebnis einer inkonsequenten Onlinestrategie, urteilt der E-Commerce-Experte Alexander Graf. „P&C hat lange den Trend Richtung online verschlafen – und dann auch noch viele Fehler gemacht“, kritisiert der Mitgründer der Digitalberatung Etribes und Geschäftsführer des Softwareunternehmens Spryker Systems.

Hauptfehler sei es von Anfang an gewesen, dass die beiden P&C-Schwesterunternehmen in Hamburg und Düsseldorf sich nicht darauf einigen konnten, gemeinsam unter der bestehenden und bekannten Marke Peek & Cloppenburg aufzutreten.

Stattdessen wurden neue Onlineshops unter den Markennamen Fashion ID und Van Graaf geschaffen. Hinzu kamen häufige Personalwechsel, auch auf Führungsebene. „Das war für einen klaren Kurs nicht zuträglich“, so Graf.

 

Verlierer sind auch die Modemarken, die über P&C verkaufen

Die Digitalstrategie sehen gleich mehrere Digitalexperten, die zum Teil das Unternehmen inzwischen verlassen haben, sehr kritisch. Das Team des Onlineshops war schon vor der Pandemie stark geschrumpft. Mit der neuen Digitalstrategie hatte P&C dann aber seinen Webshop aufwendig und über Jahre neu programmieren lassen, für die Nutzer änderte sich jedoch in der Kauferfahrung kaum etwas.

Das, so heißt es, sei ein Baustein, der zu einer schlechten Performance in der grundsätzlichen Boomphase des E-Commerce zu Coronazeiten geführt haben könnte. Der Eigentümerfamilie sei es aber hoch anzurechnen, dass sie auf Entlassungen verzichtet habe, sagt ein früherer Mitarbeiter.

E-Commerce-Experte Graf merkt an: „So konnte man auch keine E-Commerce-Topmanager wie Marcus Diekmann halten.“ Diekmann war im vergangenen Jahr von Patrick Cloppenburg geholt worden, um die Eigenmarken von P&C besser digital zu vermarkten. Er hatte das Unternehmen aber schon nach kurzer Zeit wegen eines Streits über die richtige Strategie wieder verlassen.

„Wenn P&C geschwächt wird, gehen Wettbewerber wie Breuninger daraus gestärkt hervor, sowohl mit ihrem stationären als auch mit ihrem Onlinegeschäft“, vermutet der E-Commerce-Experte. Verlierer seien die Modemarken, die über P&C verkaufen. Für sie sei das ein großes Problem, weil sie selbst keine eigenen Kanäle für den Direktverkauf an die Konsumenten aufgebaut hätten. Ihre Abhängigkeit von anderen Händlern werde noch steigen.

Für die Peek & Cloppenburg Retail Buying GmbH & Co. KG wurde ebenfalls ein Antrag auf ein Schutzschirmverfahren gestellt. Weitere Gesellschaften der Gruppe im In- und Ausland sowie die Schwestergesellschaft Peek & Cloppenburg in Österreich sind nicht vom Schutzschirm betroffen. Sie führen ihre Geschäftstätigkeit ohne Einschränkung fort, ebenso wie die Ansons’s-Modehäuser in Deutschland.

Nicht vom Schutzschirmverfahren betroffen ist das von P&C Düsseldorf unabhängige Unternehmen Peek & Cloppenburg Hamburg.

 

 

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