Stammdatenmanagement in der digitalen Transformation – Einblicke von Florian Walther, L’Oréal Deutschland GmbH
Die digitale Transformation stellt Unternehmen weltweit vor immense Herausforderungen, insbesondere im Bereich des Stammdatenmanagements (Master Data Management, MDM). Florian Walther, BPO MasterData Northern Europe bei L’Oréal Deutschland GmbH, gab im Rahmen des Stammdaten Forums wertvolle Einblicke in die Rolle und die Herausforderungen des MDM bei L’Oréal. Er erklärt, warum Stammdaten im digitalen Wandel eine Schlüsselrolle spielen und welche Strategien Unternehmen verfolgen sollten, um in einer globalisierten und krisenanfälligen Welt wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die Umstellung auf SAP S/4: Herausforderungen und Chancen
L’Oréal befindet sich mitten in der globalen Umstellung auf SAP S/4, die in der DACH-Region bis 2026 abgeschlossen sein soll. Das Warehouse-System wird bereits 2025 auf S/4 migriert. Florian Walther beschreibt, dass der größte Veränderungsgrad nicht nur technischer Natur ist, sondern vor allem in den Prozessen und Datenmodellen liegen wird. Hier wird das Stammdatenmanagement eine entscheidende Rolle spielen, um bestehende Strukturen anzupassen und neue Standards zu implementieren.
Interviewauszug:
Haben Sie bereits auf SAP S/4 umgestellt?
Walther: Nicht generell in der DACH-Region. Die L’Oréal-Gruppe rollt SAP S/4 derzeit in anderen Ländern aus. Voraussichtlich wird unsere Region im Jahr 2026 an der Reihe sein. Nur das Warehouse wird bereits Anfang 2025 auf S/4 umgestellt.
Welche Herausforderungen im Bereich Master Data Management sehen Sie bei einer Umstellung von SAP ECC auf S/4? Wo liegt der höchste Veränderungsgrad – in den SAP-Prozessen, den Datenmodellen oder eher in der Technik?
Walther: Der größte Veränderungsgrad wird in den SAP-Prozessen und den Datenmodellen liegen. Die Technik verändert sich natürlich auch, aber die Art und Weise, wie wir Stammdaten organisieren und integrieren, wird grundlegend anders sein.
Stammdaten als Basis der Digitalisierung
In der Gesamttransformation von Unternehmen spielt das Master Data Management eine zentrale Rolle. Laut Walther trägt die Stammdatenabteilung einen erheblichen Anteil an der Digitalisierungsstrategie, da sie die Datenbasis für nahezu alle digitalen Prozesse bereitstellt. Sie fungiert als Brücke zwischen den Geschäftsbereichen und den zentralen IT-Teams und sorgt so für eine reibungslose Umsetzung digitaler Projekte.
Interviewauszug:
Welchen Beitrag können Master Data Abteilungen zur Unterstützung der Digitalisierungsstrategie von Unternehmen leisten? Ist dieser in der Gesamttransformation hoch, mittel oder gering?
Walther: Der Beitrag ist sehr hoch, da es sich bei Stammdaten um die Datenbasis handelt. Die Master Data Abteilung agiert in der Regel als Brückenfunktion zwischen den Fachbereichen und zentralen Teams. Sie ist daher ein direkter Ansprechpartner in der digitalen Transformation.
Kennen Sie konkrete Beispiele hierfür?
Walther:
- Aufbau der Data-Governance
- Dokumentationsmanagement
- GDSN-Publizierung (GS1)
- UAT
- Monitoring der Datenqualität
- Training und Onboarding neuer MA – somit auch Teil des Changemanagements
Stammdaten im Kontext von Globalisierung und Kostendruck
Mit der fortschreitenden Globalisierung und dem steigenden Kostendruck wächst auch der Informationsbedarf. Walther betont, dass Stammdaten nicht nur gespeichert, sondern aktiv genutzt werden müssen. Die Analyse von Prozessen, proaktive Integration neuer Daten und eine kontinuierliche Reorganisation sind entscheidend, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Zudem sieht er Potenzial in der Schaffung einer unternehmensinternen künstlichen Intelligenz, die stammdatenrelevante Informationen bündelt und so eine gemeinsame „Sprache“ schafft, die sowohl von Menschen als auch Maschinen verstanden werden kann.
Interviewauszug:
Durch die Globalisierung und den Kostendruck auf den Weltmärkten wird der Informationsbedarf weiter steigen. Wie können Stammdaten hier unterstützen?
Walther: Stammdaten dürfen nicht nur gespeichert und verarbeitet werden – sie müssen aktiv genutzt werden. Dies beinhaltet die Analyse von Prozessen, die proaktive Integration neuer Daten und die Kalkulation von Kosten. Gleichzeitig ist es wichtig, ein kontinuierliches Datencleaning und eine Reorganisation durchzuführen, um keine unnötigen „Lasten“ mit sich zu tragen.
Welchen Beitrag hierzu leisten?
Walther: Möglicherweise durch eine intensivere Nutzung von Standards, um eine gemeinsame „Sprache“ zu schaffen, die von verschiedenen Maschinen einheitlich interpretiert werden kann. Zusätzlich könnte der Aufbau einer unternehmensinternen KI, die mit stammdatenrelevanten Informationen gespeist wird, dazu beitragen, Wissen zu bündeln und effizient zu nutzen.
Nutzen Sie bereits Standards (ISO, GS1, eCl@ss, …) in Ihrem Unternehmen? Wenn ja, was ist die primäre Anwendung?
Walther: …unter Anderem GS1 zur Publizierung von Stammdaten und Assets.
Stammdatenresilienz als Antwort auf Krisen
In der heutigen Zeit sind geopolitische Krisen eine ständige Bedrohung, und viele Unternehmen überlegen, wie sie ihre Widerstandsfähigkeit stärken können. Walther ist der Meinung, dass auch Stammdaten resilient sein müssen. Er schlägt eine umfassende Strategie vor, die moderne Speicherungskonzepte, sichere Tools und eine reaktive IT-Infrastruktur umfasst, die rund um die Uhr verfügbar ist. Zudem ist ein klarer Notfallplan entscheidend, der festlegt, welche Daten im Ernstfall unverzichtbar sind und wer dafür verantwortlich ist.
Interviewauszug:
Brauchen wir auch eine Strategie für „Stammdatenresilienz“?
Walther: Auf jeden Fall. Stammdaten spiegeln in Echtzeit das physische und virtuelle Geschäft eines Unternehmens wider. Sie müssen daher ebenfalls resilient sein. Eine Stammdatenresilienz-Strategie sollte moderne Speicherungskonzepte, sichere Tools und eine reaktive IT-Infrastruktur beinhalten, die rund um die Uhr verfügbar ist. Zudem ist ein Notfallplan erforderlich, der festlegt, welche Daten im Ernstfall mindestens verfügbar sein müssen und wer dafür verantwortlich ist.
Data Analytics und die Rolle von Data Governance
Walther betont, dass Data Analytics Spezialisten eine sinnvolle Ergänzung zur Stammdatenabteilung darstellen. Diese Spezialisten fokussieren sich auf Datenanalysen, Interface-Monitoring und unterstützen Projekte durch wertvolle Daten-Einblicke. Data Governance, so Walther, ist ebenfalls unverzichtbar, um klare Verantwortlichkeiten zu schaffen, Standards zu definieren und die Datenqualität zu sichern. Dies ist besonders wichtig bei großen Transformationsprojekten, wie der Umstellung auf SAP S/4.
Interviewauszug:
Glauben Sie, dass die Integration von Data Analytics Spezialisten in eine Master Data Abteilung sinnvoll ist, oder würde dies den Arbeitsfokus verzerren?
Walther: Die Integration eines Data Analytics Specialists ist definitiv sinnvoll. Diese Person ergänzt das Team, indem sie sich auf Themen wie Datenanalysen, Interface-Monitoring, Projektsupport und KPIs konzentriert.
Ist Data Governance nur eine Angelegenheit? Beispiele für die Notwendigkeit von Data Governance…
Fazit: Stammdaten als Erfolgsfaktor der digitalen Zukunft
Das Interview mit Florian Walther verdeutlicht, dass Stammdatenmanagement nicht nur ein technischer Bereich ist, sondern ein zentraler Erfolgsfaktor für die digitale Transformation von Unternehmen. Stammdaten bilden die Grundlage für innovative Technologien wie KI, optimierte Geschäftsprozesse und resiliente Strukturen. Unternehmen, die ihre Stammdaten effektiv managen und in ihre Digitalstrategie integrieren, sind besser aufgestellt, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen.
Walther zeigt eindrucksvoll, wie wichtig es ist, Stammdaten nicht nur als reine Datenquelle zu betrachten, sondern sie aktiv zur Unternehmenssteuerung zu nutzen. Nur so können Unternehmen flexibel auf globale Entwicklungen reagieren und in einem zunehmend digitalisierten Markt bestehen.
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