Evonik: Wie Automatisierung und Governance Datenqualität im Stammdatenmanagement stärken
Im Rahmen des Stammdaten Forums haben wir, DEUTSCHE KONGRESS, mit Abderrazzak El Oumrani, Solution Architect Enterprise Data Management (EDM) bei der Evonik Industries AG, über die Verbindung von Datenqualität, Data Governance und Automatisierung im Stammdatenmanagement gesprochen.
Im Interview teilt er Einblicke, wie Evonik diese Themen strategisch miteinander verknüpft – und warum Fachbereiche eine entscheidende Rolle für erfolgreiche Datenprozesse spielen.
Über Evonik Industries AG
Die Evonik Industries AG zählt zu den weltweit führenden Spezialchemieunternehmen. Mit über 33.000 Mitarbeitenden in mehr als 100 Ländern setzt Evonik auf Innovation, Nachhaltigkeit und digitale Transformation. Ein zentrales Ziel: Geschäftsprozesse datengetrieben gestalten – durch eine starke Verbindung von Governance, Automatisierung und hoher Datenqualität.

Über den Referenten
Abderrazzak El Oumrani ist Solution Architect im Bereich Enterprise Data Management (EDM) bei Evonik.
Er verbindet technische Innovation mit Governance-Strukturen und sorgt dafür, dass Automatisierung im Datenmanagement nicht nur effizient, sondern auch nachhaltig umgesetzt wird.
Interview: Automatisierung, Governance und Datenqualität bei Evonik
DEUTSCHE KONGRESS: Sie beschäftigen sich bei Evonik intensiv mit der Verbindung von Datenqualität, Governance und Automatisierung. Was bedeutet Automatisierung für Sie im Kontext des Stammdatenmanagements – und was fasziniert Sie persönlich daran?
El Oumrani: Automatisierung bedeutet für uns, dass wir einen etablierten Mechanismus haben, der unser Datenmanagement in verschiedenen Prozessen – insbesondere im Bereich der Stammdaten – unterstützt. Dieser Mechanismus sorgt nicht nur für eine hohe Datenqualität, sondern stärkt auch das Vertrauen in die Daten, die in unseren End-to-End-Prozessen verwendet werden. Wichtig ist, dass diese automatisierten Prozesse nachhaltig gepflegt werden. Das heißt: Auch automatisiertes Datenmanagement muss regelmäßig überprüft werden, damit es seinen Wert nicht mit der Zeit verliert. Hier kommen Governance und die klare Definition von Rollen ins Spiel – sie helfen uns sicherzustellen, dass die Automatisierung nicht nur funktioniert, sondern auch langfristig echten Mehrwert bietet.
DEUTSCHE KONGRESS: In Ihrem Vortrag sprechen Sie von „Automatisierung im Fachbereich – ohne Programmierkenntnisse“. Können Sie uns einen kleinen Einblick geben, was hinter diesem Ansatz steckt – und warum er gerade für Fachbereiche so spannend ist?
El Oumrani: Während wir in unserer Organisation aktiv nach Lösungen suchen, die unsere Ziele in Richtung Digitalisierung unterstützen, achten wir darauf, dass ein hoher Entwickleraufwand den Prozess verlangsamen und die Kosten erhöhen kann. Deshalb ist der Einsatz von Low-Code- oder No-Code-Lösungen für uns besonders attraktiv. Solche Ansätze ermöglichen es den Fachbereichen, sich stärker einzubringen – sowohl in der Rolle der Anwender als auch der Entwickler.
DEUTSCHE KONGRESS: Evonik ist ein international tätiges Chemieunternehmen mit komplexen Prozessen und vielfältigen Datenlandschaften. Welche Herausforderungen entstehen dadurch für das Stammdatenmanagement – und wie gehen Sie damit um?
El Oumrani: Die internationale Struktur von Evonik bringt große Herausforderungen mit sich, insbesondere in der Kommunikation, beim Wissensaustausch, bei der Dokumentation und bei der Berücksichtigung regionaler Anforderungen. End-to-End-Prozesse laufen oft nicht in einer einzigen Systemlandschaft ab, sondern über mehrere hinweg. Das macht es notwendig, die Systemintegration, eingesetzten Anwendungen, Schnittstellen und – besonders wichtig – die Datenflüsse genau zu dokumentieren.
Ein zentraler Punkt ist die Definition kritischer Datenobjekte, die meist erst im Kontext der End-to-End-Prozesse erkannt werden. Um Datenprobleme frühzeitig zu vermeiden, setzen wir auf ein Regelkonzept und klar definierte Rollen, die für die kontinuierliche Verbesserung verantwortlich sind.
Wir haben Teams, die strategisch daran arbeiten, alle genannten Aspekte zu erfassen, Zukunftspläne zu entwickeln und innovative Lösungen zu integrieren. Weitere Teams setzen diese Lösungen um und stehen in engem Kontakt mit den Stakeholdern. Und schließlich gibt es technische Teams, die aktiv Daten korrigieren und Lösungen implementieren.
DEUTSCHE KONGRESS: Viele Unternehmen wollen Automatisierung, tun sich aber mit dem ersten Schritt schwer. Was war bei Evonik entscheidend, damit das Thema wirklich ins Rollen kam?
El Oumrani: Das Management muss überzeugt sein, dass wir uns heute im Zeitalter des Datenmanagements befinden. Der Erfolg von Digitalisierungsprojekten, die Integration von KI oder die Einführung neuer Lösungen zur Prozessbeschleunigung – all das ist ohne Datenqualität nicht möglich. Auch das Vertrauen in wichtige Reports hängt direkt davon ab.
Viele Probleme entstehen durch fehlerhafte Dateneingaben, die meist manuell erfolgen. Die Ursachen reichen von mangelndem Wissen der Nutzer über organisatorische Veränderungen bis hin zu regulatorischen Anforderungen oder veralteten Prozessen. Automatisierung hilft, Fehler schnell zu reduzieren, unterstützt bei Korrekturen und sorgt für Transparenz – indem Informationen für alle verfügbar gemacht werden. Das gelingt nur mit klar definierten KPIs und Dashboards, die den Stakeholdern den Nutzen und die erzielten Fortschritte deutlich machen.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einem Management, das erkennt, wie wichtig es ist, ein datengetriebenes Unternehmen zu werden.
DEUTSCHE KONGRESS: Wie gelingt es Ihnen, hohe Datenqualität sicherzustellen, ohne Kompromisse bei der Governance einzugehen?
El Oumrani: Die Einbindung aller relevanten Rollen im Datenmanagement – insbesondere aus der IT und den verschiedenen Fachbereichen – ist entscheidend für den Erfolg. Datenverantwortliche, Anwender, Data Domain Manager, Prozessmanager und Data Quality Manager arbeiten gemeinsam an Entscheidungen rund um das Datenmanagement. Diese Zusammenarbeit schafft ein gemeinsames Ziel, das aus einer 360-Grad-Perspektive betrachtet wird – nicht nur aus einem einzelnen Blickwinkel.
Bei der Integration neuer Lösungen achten wir darauf, dass die Daten-Governance unterstützt wird – wie es beispielsweise bei Precisely Automated Studio der Fall ist. Die Beteiligung verschiedener Rollen in unterschiedlichen Phasen zeigt deutlich, dass wir Governance-Aspekte wahren und gleichzeitig unsere Ziele in Bezug auf Datenqualität erreichen. Das ist auch ein zentraler Punkt, um Compliance-Probleme und unnötige Diskussionen zu vermeiden, die unsere Digitalisierungsziele ausbremsen könnten.
DEUTSCHE KONGRESS: Automatisierung wird oft als reines IT-Thema gesehen. Wie schaffen Sie es, dass Fachbereiche Verantwortung übernehmen, Automatisierung aktiv mitgestalten und Vertrauen in die neuen Prozesse entwickeln?
El Oumrani: In jedem Projekt und jeder Initiative ist es wichtig, den Stakeholdern zu verdeutlichen, dass die IT als Dienstleister agiert – mit dem Ziel, die Geschäftsziele bestmöglich zu unterstützen. Das bedeutet: Jeder Use Case bringt einen Mehrwert für die gesamte Organisation – angefangen bei der Reduzierung von IT-Kosten durch weniger manuelle Korrekturen, über die Stärkung des Vertrauens in unsere Daten und unser Unternehmensimage gegenüber Kunden, bis hin zur Vermeidung von Compliance-Problemen und Betrugsversuchen. Diese Vorteile müssen durch Fakten und Zahlen belegt werden – mit klaren Business Cases, die das Bewusstsein schärfen. Die Einbindung der Fachbereiche in Entscheidungsprozesse und Initiativen zur Umsetzung solcher Lösungen fördert das Verantwortungsgefühl und die aktive Beteiligung. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die verständliche Kommunikation des „Warum“. Oft wird von IT-Seite zu technisch erklärt, was die Verständlichkeit erschwert. Eine einfache, nachvollziehbare Darstellung hilft, Vertrauen aufzubauen und die Akzeptanz zu erhöhen.
DEUTSCHE KONGRESS: Datenprozesse müssen sich heute schnell an veränderte Anforderungen anpassen. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Lösungen bei Evonik flexibel bleiben – und dennoch stabil im Betrieb funktionieren?
El Oumrani: Wir arbeiten mit einem Produkt- und Serviceansatz namens „Data Lifecycle“, der sich darauf konzentriert, unsere Datenprozesse kontinuierlich zu hinterfragen und aktuell zu halten. Dazu gehören regelmäßige Überprüfungen des Regelkatalogs, der Dialog mit Stakeholdern und Endanwendern sowie die Integration von Echtzeitplattformen, die Informationen bereitstellen. Zusätzlich fördern wir den Austausch über Data-Sharing-Communities, um Wissen und Best Practices zu teilen. Diese Maßnahmen helfen uns, flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren und gleichzeitig stabile, zuverlässige Lösungen im Betrieb sicherzustellen.
DEUTSCHE KONGRESS: Governance, Qualität und Geschwindigkeit stehen oft im Spannungsfeld. Wie finden Sie die richtige Balance zwischen Kontrolle und Agilität?
El Oumrani: Der Vergleich zwischen dem Ist-Zustand und dem angestrebten Verbesserungsprozess – unter Berücksichtigung von Governance und Qualitätsaspekten – sollte immer zu einem klaren Nutzen führen. Wir sind überzeugt, dass die Integration von Governance nicht bedeutet, Prozesse zu verlangsamen. Im Gegenteil: Die Reduzierung manueller Tätigkeiten schafft Freiräume und spart Zeit, die wiederum genutzt werden kann, um Governance-Aspekte zu stärken – ohne dabei an Agilität zu verlieren. Das zeigt sich deutlich in den Use Cases, die wir in unserer Organisation umgesetzt haben.
DEUTSCHE KONGRESS: Ohne zu viel zu verraten: Gab es bei Evonik ein konkretes Beispiel oder Aha-Erlebnis, das gezeigt hat, welches Potenzial in automatisierten Datenprozessen steckt?
El Oumrani: Ja, wir haben mehrere solcher Aha-Erlebnisse gehabt – besonders im Bereich der Geschäftspartner- und Materialanlageprozesse. Dort hat die Automatisierung von Regelkorrekturen direkt zu weniger Serviceanfragen geführt, zu höherer Zufriedenheit bei den Endanwendern und zu einer deutlichen Reduzierung des manuellen Aufwands, der früher notwendig war, um dieselben Ziele zu erreichen.
DEUTSCHE KONGRESS: Wenn Sie in die Zukunft schauen: Welche technologischen oder organisatorischen Entwicklungen werden Automatisierung im Stammdatenmanagement am stärksten beeinflussen oder prägen?
El Oumrani: Ein klarer Trend ist die stärkere Einbindung von KI in das Datenmanagement – insbesondere in Szenarien, in denen keine menschlichen Entscheidungen erforderlich sind. Darüber hinaus sehen wir großes Potenzial in der Entwicklung virtueller Assistentenrollen, die den Nutzern helfen, schnell die benötigten Informationen zu finden und direkt passende Lösungen anzubieten. Diese Technologien werden die Automatisierung weiter vorantreiben und gleichzeitig die Nutzerfreundlichkeit und Effizienz deutlich steigern.
DEUTSCHE KONGRESS: Welche Fähigkeiten oder Denkweisen brauchen Unternehmen künftig, um mit dieser Dynamik Schritt zu halten?
El Oumrani: Unternehmen müssen künftig ihre Prozesse vollständig dokumentieren – idealerweise in einem Prozessmanagement-Tool, um den Ist-Zustand klar zu erfassen. Zusätzlich ist ein Datenkatalog notwendig, der die Systemlandschaften, eingesetzten Anwendungen und definierten Datenobjekte enthält. Die Steigerung von Datenqualität und Governance ist dabei der wichtigste Schritt, bevor neue Lösungen integriert werden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass Automatisierung auf einer stabilen und vertrauenswürdigen Datenbasis aufbaut.
DEUTSCHE KONGRESS: Was können die Teilnehmenden Ihres Vortrags konkret erwarten – und was möchten Sie ihnen als wichtigste Botschaft mitgeben?
El Oumrani: Die Teilnehmenden meines Vortrags können konkrete Einblicke erwarten, wie man Governance-Prozesse erfolgreich in die Datenmanagement-Automatisierung integriert – und das auch ohne technische Vorkenntnisse. Ich möchte zeigen, dass der Schlüssel zum Erfolg oft in den nicht-technischen Aspekten liegt: klare Rollenverteilung, transparente Kommunikation, verständliche Zielsetzung und die aktive Einbindung der Fachbereiche.
Meine wichtigste Botschaft: Automatisierung ist kein reines IT-Thema – sie ist ein gemeinsames Ziel, das nur durch Zusammenarbeit und ein starkes Governance-Fundament erreicht werden kann.
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📅 Termin: 27. – 28.11.2025
📍 Ort: Düsseldorf
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